Eine bezaubernde Begegnung

 

von Schreibwerkstatt-Autorin Hanna S.

 

Ein heißer Sommertag … Ich sitze gemütlich unter einem schattigen Kastanienbaum im Schmankerl und genieße das Mittagessen. Da höre ich plötzlich eine jugendliche Knabenstimme fragen: „Entschuldigung bitte, haben Sie eine Zigarette für mich?“
Erstaunt blicke ich auf und frage den Jungen nach seinem Alter. Er meint, er sei dreizehn Jahre. Ich frage ihn, ob er Hunger habe und er beantwortet dies mit einem Kopfnicken.
Ich gehe zum Buffet und hole ihm eine Portion. Dann sitzen wir beisammen und essen. Der Kleine schaufelt total gierig das Essen in sich rein, also dürfte der Hunger wohl
groß gewesen sein.

Ich hole uns noch Kuchen und Kaffee. Bei näherer Betrachtung fällt mir auf, dass dies ein sehr hübscher Junge ist. Ich frage ihn nach seinem derzeitigen Leben und er beginnt zu erzählen. Seine Mutter ist Alleinerzieherin und komplett überfordert. Es ist kaum Geld da und seine kleine Schwester ist eine blöde, verwöhnte Zicke, die ihn nur nervt. Er verweigert die Schule, da er durch das Homeschooling ein schlechter Schüler wurde. Er hatte keinerlei Unterstützung. Jetzt hat er keine Lust mehr, sich die ständigen Nörgeleien von den Lehrern anzuhören, geht gar nicht mehr in die Schule und tut, was er will.

Er war bereits in der Krisenstelle für Jugendliche, jedoch nicht länger als eine Woche. Dort wurde er rausgeworfen, da er sich an keine Regeln halten konnte. Nun schläft er
teils bei seiner Mutter zu Hause und teilweise im Exit 7. Er hat viele Freunde in seinem Alter, denen es wie ihm ergeht. Auch einige Mädchen sind dabei. Also kein Einzelschicksal. Ich bin erschüttert. Dieser junge, hübsche Kerl, der sich so toll ausdrücken kann, lebt also großteils auf der Straße. Ich hab nie bedacht, dass es auch obdachlose Jugendliche gibt.

Er steht auf und verabschiedet sich höflich von mir. Schon lange ist mir kein so bezaubernder, interessanter Mensch begegnet wie dieser Junge. Ich hätte ihm meine Telefonnummer geben sollen, aber zu spät. Vielleicht treffe ich ihn zufällig mal wieder.

Zu Hause angekommen, setze ich mich an meinen PC und gebe „Exit 7“ ein. Da steht folgendes: Die Jugendnotschlafstelle Exit 7 bietet Jugendlichen von 12 bis 18 Jahren neben einem vorübergehenden Übernachtungs- und Grundversorgungsangebot (Ess-, Wasch- und Duschmöglichkeit) auch eine lösungsorientierte Betreuung, Beratung und Kriseninter-vention. Diese Einrichtung gibt es bereits seit 20 Jahren und sie wird durch Stadt und Land finanziert. Zusätzlich unterstützen zahlreiche Spender dieses Projekt.

Die Jugendlichen können da allerdings nur für eine bestimmte Zeit hin und auch nur über Nacht. Schade um diesen Jungen. Da er sich nicht an Regeln halten kann, wird er wohl nicht bleiben können.

Obwohl wir ein tolles Sozialsystem haben in Salzburg, gibt es auch da Grenzen.