Fernsehen von und für alle
Seit zehn Jahren gibt es mit FS1 in Salzburg einen von österreichweit nur drei Community-Fernsehsendern. Jede und jeder der möchte, kann eine Sendung aufnehmen und im Wochenprogramm auf FS1 erscheinen.
von Anna Maria Papst
In seinen Händen hält Kurt Bauer eine Vorrichtung aus Plastik. Der „Gimbal“ ist ein Stabilisator, der dabei hilft, Bewegungen von Kameras oder Smartphones stabiler zu halten. Für seine Beiträge braucht Bauer nur den Gimbal und sein Smartphone. „Ich überlege zweimal, ob ich zur großen Kamera greife, ich mache alles mit dem Handy und bin somit immer filmbereit.“ Mit seinen 75 Jahren ist er einer der ältesten Sendungsmacher beim Freien Fernsehen Salzburg, kurz genannt FS1.
Im Februar vor zehn Jahren ging das Freie Fernsehen Salzburg live. Gesendet wird im digitalen Kabel der Salzburg AG, über das Netz von A1 TV und per Livestream auf der Homepage. Österreichweit gibt es neben FS1 noch zwei weitere Community-TV-Sender: Okto-TV in Wien und Dorf-TV in Linz. Zusätzlich gibt es noch 14 freie Radiosender, die unter anderem vom Fonds zur Förderung des nichtkommerziellen Rundfunks in Österreich unterstützt werden und dem Verband Freier Rundfunk Österreich angehören.
Rund 150 regelmäßige und unregelmäßige Sendungsmacher:innen produzieren für FS1. Vor allem viele junge Menschen und Pensionist:innen. Kurt Bauer ist einer von ihnen, er ist schon fast von Beginn an dabei. Jede und jeder, der möchte, kann sich anschließen und ebenfalls Sendungen auf FS1 produzieren. „Wir bieten freien Zugang zu Geräten und Infrastruktur. Zusätzlich halten wir unterschiedliche Workshops ab, um zu erklären, wie Fernsehen gemacht wird und wie alles funktioniert“, sagt Markus Weisheitinger-Hermann, Geschäftsführer für Programm und Produktion.
Etwa 120 Beiträge hat Kurt Bauer in den letzten Jahren für FS1 produziert. Neben den Beiträgen für FS1 dreht Bauer auch regelmäßig Dokumentarfilme für die Stadt Salzburg. Dabei hat er sich auf das Thema Armut spezialisiert, seine Filme führten ihn schon nach Indien und Rumänien. Das Filmemachen sei für ihn sein eigenes Bildungsprogramm: „Ich komme an Dinge ran, über die ich sonst nichts erfahren würde. Es bereichert mein Leben sehr. Aber der Ausgabekanal ist ebenso wichtig“, sagt Bauer. Diesen findet er auf FS1. So landen seine Filme und Beiträge nicht ungesehen auf seinem iMac, den er zum Schneiden verwendet, sondern können auch von anderen gesehen werden. „Wenn ich einen Beitrag über jemanden mache, ist der sicher im Fernsehen“, freut sich Bauer.
Zivilgesellschaftliche Einrichtungen und die freie Kulturszene in Salzburg profitieren ebenfalls von FS1. Gemeinsam mit den Universitäten, Fachhochschulen und den europäischen Solidaritätskorps, der es Jugendlichen in Europa ermöglicht, sich im eigenen Land oder im Ausland an gemeinnützigen Projekten zu engagieren, hat FS1 sein Angebot erweitert. Studierende und Freiwillige arbeiten gemeinsam mit Kulturschaffenden und Vereinen, um Veranstaltungen wie die Rauriser Literaturtage oder das Musikfestival Aspekte Salzburg im Fernsehen übertragen zu können. Vor allem während der Lockdowns zeigten sich die Vorteile der Zusammenarbeit und die freie Kulturszene konnte weiter öffentlich präsent sein.
Jeweils am Donnerstag um 00:00 Uhr startet das neue Wochenprogramm auf FS1. Die Sendungsmacher:innen liefern pro Woche rund neun Stunden an neuen Inhalten. Von Konzertaufzeichnungen, Beiträgen zu Diversity-Themen der jungen queer*beet-Redaktion oder den Beiträgen von Kurt Bauer ist für jeden etwas dabei.