Man ist nie zu jung, um seine Meinung zu äußern!

 

Rosig ist derzeit nicht die erste Wahl der Zukunft. Aber junge Menschen wie Hanna Pienz machen Hoffnung, dass sie neue Farbnuancen in ihr Repertoire aufnimmt!

Titelinterview mit Hanna Pienz

von Judith Mederer

Aufwachsen in Salzburg – was verbindest du damit?

Hanna Pienz: Ganz, ganz viele Möglichkeiten! Weil Salzburg für mich so viele Türen offenhält. Ich bin einerseits in Hallwang zwischen Bauernhöfen aufgewachsen und andererseits in der Stadt in die Schule gegangen. Plötzlich haben sich so viele verschiedene Orte und Möglichkeiten aufgetan. Das finde ich nach wie vor toll!

Was machst du an Wochenenden?

Hanna Pienz: Bis vor Kurzem musste ich viel lernen. In meiner Freizeit probe ich regelmäßig und habe Auftritte am Wochenende. Das ist recht cool, weil ich in verschiedenen Bands singe. Letzte Woche hatte ich zum Beispiel drei Auftritte. Außerdem bin ich tänzerisch unterwegs und tanze in verschiedenen Tanzgruppen. Ich habe mit Ballett mit sieben angefangen und dann verschiedene Richtungen ausprobiert: Hip-Hop, Jazz-Dance, Tanzschule … 

Kannst du diese künstlerischen Aktivitäten in Salzburg so ausleben, wie du willst?

Hanna Pienz: Wenn du mir die Frage vor fünf Jahren gestellt hättest, hätte ich wahrscheinlich geantwortet, dass es etwas mehr Angebot in Sachen Pop/Jazz geben könnte. Zum Glück tut sich da derzeit einiges und die Offenheit ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Im Musikum gab’s zum Beispiel die Pop-Akademie und auch am Mozarteum gibt’s seit zwei Jahren eine Pop-Fraktion, wo man Pop/Gesang studieren kann. Es entwickelt sich echt gut. Mit Dance-Base und Sead gibt es – gerade für die Größe der Stadt – ganz coole Angebote. 

Du maturierst in diesem Monat. Wird dich das Künstlerische auch weiterhin begleiten?

Hanna Pienz: Privat möchte ich in jedem Fall dabeibleiben. Das Problem bei künstlerischen Berufen ist: Wie verdient man regelmäßig sein Geld damit? Ich kenne das Thema, weil meine Eltern aus der Künstlerszene kommen. Trotzdem möchte ich auf jeden Fall Pop- und Jazz-Gesang studieren. Und als „Brotberuf“ Lehrerin für die Hauptfächer Biologie und Englisch.

Wirst du sofot nach der Matura studieren?

Hanna Pienz: Nein, jetzt muss auch einmal eine Pause sein.

Ich möchte ein soziales Jahr im Ausland machen. Dafür habe ich mich bei drei verschiedenen Projekten in Irland beworben und beim Anne-Frank-Haus in Amsterdam. Mal sehen …

Wo triffst du dich mit Freunden?

Hanna Pienz: Ich bin immer gern draußen. Wir treffen uns in Parks in Salzburg. Ja, Salzburg ist eine kleine Stadt, aber ich finde, wenn man draußen was machen will, gibt es viele Möglichkeiten: zwischen Nawi- und Unipark, oder im Furtwänglerpark. Und weil keine:r meiner Freundinnen und Freunde nebenbei arbeitet, spielen Kosten auch eine Rolle. Da ist es einfach günstiger, sich draußen zu treffen.

Wenn dich jemand in deinem Alter besuchen würde, für den Salzburg neu ist, was würdest du ihm/ihr zeigen?

Hanna Pienz: Das kommt sehr drauf an, wer mich besucht. Ich würde jedenfalls auf den Mönchsberg gehen, einfach zum „Aus­checken“: „Hey, schau, wo bist du denn gerade?!“ Wenn jemand an Kultur interessiert ist, dann mach ich natürlich was in der Richtung. Ich geh sehr gern in Museen. Gern bin ich zum Beispiel im Museum der Moderne, weil sich da oft die Ausstellung ändert. Es ist nicht so ein typisches Museum, wo man still sein muss und keine Gedanken laut äußern darf. Oder wir spazieren durch die Altstadt. Ja, so würde ich das machen – und hab ich auch schon so gemacht.

Vor Kurzem wurde Salzburgs Bürgermeister gewählt. Angenommen, du hättest Einfluss auf Maßnahmen in der Stadt, was wären deine Vorschläge?

Hanna Pienz: Was viele Menschen in Salzburg bemängeln, ist die Wohnsituation – da schließe ich mich voll an! Das geht mich richtig an! Zum Beispiel Alleinverdienerinnen, sie gehen neben der Kindererziehung arbeiten und schaffen es kaum, dass sie Miete und Strom zahlen. Oder Studierende: Ich habe drei Freundinnen, die aus dem Ausland zum Studieren hergekommen sind, und alle drei hatten massive Probleme, eine Wohnung zu finden. Zimmer in Wohnheimen sind schwer zu bekommen und Mietwohnungen kaum leistbar. Man muss sich die Wohnung dann mit vielen Wohnungspartner:innen teilen, weil es sich sonst einfach finanziell nicht ausgeht. Ich finde nicht, dass wir zu wenig Platz in Salzburg haben. Es müsste geschaut werden, wer wie viel Besitz hat und wer etwas hergeben kann. Also leerstehende Häuser für Wohnungen verfügbar machen. 

Ein anderes Thema, das mich täglich beschäftigt, sind wohnungslose Menschen. Ich sehe zum Beispiel jeden Tag beim Mirabellplatz Obdachlose. Und ich höre, wenn die Menschen sagen: „Die Obdachlosen sind ein Problem. Sie passen nicht zu Salzburg; weil es ein ‚schiacher‘ Aspekt ist.“ Ich finde, wenn man diesen „Aspekt“ nicht will, dann muss man sich eine gründliche Lösung überlegen! „Ihr seid nicht erlaubt“, „Machen wir überall Zäune hin“ – das löst das Problem nicht! Das geht mich richtig an und ich finde, da ist man nie zu jung, um seine Meinung zu äußern! 

Bist du politisch engagiert?

Hanna Pienz: Ich bin in keiner jugendpolitischen Gruppe. Aber als stellvertretende Schulsprecherin habe ich Erfahrung in der Schulpolitik gesammelt. Jetzt bin ich noch immer im Schulgemeinschaftsausschuss vertreten. Schulpolitik ist der erste Schritt in die „echte“ Politik. Ich wollte mich von einer Schülerpartei Salzburgs als Landesschulsprecherin aufstellen lassen. Warum ich es dann doch nicht gemacht habe, hängt damit zusammen, dass mir die Vorgaben zu eng, zu wenig frei waren. Ich bin ein offener Mensch, für mich gibt es nicht DIE eine einzige Partei, die alle meine Ideale vertritt. Wahrscheinlich werde ich den politischen Weg nicht einschlagen, aber ich werde immer ein kritischer und politisch denkender Mensch sein. Vor allem mit einer unsicheren Zukunft vor Augen. Vor vier Jahren war alles extrem anders. Die wenigsten Menschen können sagen: In meiner Lebensgeschichte hat sich die ganze Welt verändert!

Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie siehst du deine Zukunft und warum? 

( 1 = sorgenvoll, 10 = sorgenfrei)

Hanna Pienz: Auf der einen Seite sind die Dinge, die ich selber beeinflussen kann. Das macht mich zuversichtlich. Ich kann mich starkmachen und zum Beispiel jeden Freitag am Hauptbahnhof stehen und protestieren. Auf der anderen Seite sind die Dinge, die ich nicht beeinflussen kann. Manche Veränderungen werden nicht eintreten, nur weil ich mich drüber beschwere. Deshalb würde ich mich genau für die Mitte entscheiden – also 5. Eine sorgenfreie Zukunft gibt es nicht. Eine sorgenfreie Zukunft würde aber auch heißen, dass es nichts mehr gibt, für das man sich starkmachen kann!