Was ist Urlaub …

 

von Chris Ritzer

Es gibt ja an und für sich wenig, wo sich die allermeisten Menschen einig sind – in diesem Falle aber sehr oft doch – ich bin so urlaubsreif!

Nun, was fällt mir dazu ein: Das Erste ist Zederhauser Umdrah, jedem Lungauer ein Begriff: Ein Bauernknecht wollte nach Salzburg gehen, aber kurz vor Obertauern hat er es sich anders überlegt, ist umgedreht und wieder nach Hause marschiert. So schlau, klug, weise oder wie auch immer war ich nicht und bin schon mit 14 Jahren in der Mozartstadt gelandet.

Also, was ist Urlaub …  früher ohnehin nur den Begüterten und Wohlhabenden möglich – kamen im Zuge der Industrialisierung immer mehr Menschen in den Genuss der Freizeit – Freiheit – freien Zeit. Es ist müßig, über die Lebensqualität und Bedingungen von Menschen zu reden, die vor 100 Jahren lebten, und noch vielmehr zu urteilen oder beurteilen, denn wir wissen es nicht – es wird damals wie heute sehr Unglückliche und sehr Glückliche gegeben haben – die Selbstmordrate war auf jeden Fall hoch in den engen und finsteren Tälern und die Kindersterblichkeit nicht minder.

Andererseits: ist es wirklich erstrebenswert, in einem Flugzeug zehn Stunden und mehr eingepfercht wie in einer engen Koppel, womöglich neben einem unguten und mürrischen Nachbarn, ausharren zu müssen, um dann an einem mehr oder weniger überlaufenen Konservenbüchsenstrand zu verweilen? Ok, vielleicht Abenteuerurlaub – und damit die letzten Naturparadiese vernichten … Freilich vor 30 bis 40 Jahren habe ich auch noch anders darüber gedacht und es wäre auch traurig, wenn es anders gewesen wäre, in der Jugend. Trotzdem ist der Gedanke alleine schon Horror für mich! Obwohl ich damals 20 Kilo leichter und ungleich fitter war – der Flug bis Kuba war grauenvoll … ich habe geschrieben und geschrieben und geschrieben … und wie so oft die Manuskripte nie wieder gefunden: mal blieben sie am Bahnhof liegen und einmal hat mir im Lungau ein Autofahrer, der mich nicht gesehen hat, gleich den ganzen Aktenkoffer aus der Hand gefahren und mich zum Glück knapp verfehlt.

Hier und heute ist Urlaub für mich, wenn ich in meiner Mitte bin – mich in der freien Natur bewege, mit Muskelkraft wohlgemerkt, denn ich halte weder vom E-Bike noch vom E-Auto sehr viel – und irgendetwas Sinnvolles / Gutes tun. Heute Morgen habe ich meinen Nachbarn A.W. Richtung Maria Plain begleitet. Er ist genauso entzugig wie ich und wenn ich denke, was dieser Mensch schon hinter sich hat:  3 Jahre im schlimmsten Knast in Brasilien und und und … dann ist das hier eigentlich alles nur noch Urlaub.

Zu schätzen, was man hat – Geistiges oder Materielles –, ist viel wert, es zu überschätzen aber ist sehr wenig wert, denn es kann ganz schnell damit zu Ende gehen. Und mit der Gesundheit ist es ähnlich wie mit dem Geld: ohne sie ist alles nix, aber wie sehr man sie schätzt, braucht, bewertet – das ist einem selber überlassen, weitgehend. Denn wenn du depressiv bist, und das bin ich oft, dann merkst du von diesen Segnungen äußerst wenig. Und wenn du Krebs hast, dann tritt auch alles andere in den Hintergrund. Die Frage ist: Was macht Glück aus? Wer kann das beschreiben, bezeichnen, definieren? Das Glück ist bekanntlich ein Vogerl, aber man muss auch gut zu diesem Vogerl sein, sonst fliegt es schnell auf den nächsten Ast.

Sich an den winzigen Dingen erfreuen – Spatzen auf der Bank … eine sich wohlig räkelnde Katze, ein nettes Wort, ein guter Freund … ja … auch das ist Urlaub und mitunter sogar der wertvollste.